Uh-oh: Ein Nachruf auf den Messenger ICQ

Transparenz

„Kennst du noch deine ICQ-Nummer?“ Wer diese Frage mit einem wissenden Lächeln beantworten kann, war Teil der goldenen Ära des Instant Messaging. ICQ, der kleine bunte Messenger, der uns in den späten 90ern und frühen 2000ern mit einem fröhlichen „Uh-oh“ benachrichtigte, dass jemand nach uns suchte, wird am 26. Juni 2024 endgültig abgeschaltet.

Gedenken wir zusammen der Zeit, in der das Internet noch jung war. Statt eines Smartphones mit mehreren Messaging-Apps hatten wir ein kleines, anonymes Profil in der virtuellen Welt, um schnell Nachrichten auszutauschen.

Das Wichtigste im Überblick

  • Das Ende einer Ära: ICQ, der ikonische Instant Messenger, wird am 26. Juni 2024 endgültig abgeschaltet.
  • Nostalgie pur: Die ICQ-Nummer und der „Uh-oh“-Sound erinnern an die Anfänge des Internets.
  • Chatten im Wandel: ICQ’s Geschichte spiegelt den Übergang von frühen Internetdiensten zu modernen Social-Media-Plattformen wider.

ICQ geht offline – und diesmal endgültig

ICQ, was für „I seek you“ steht, wurde 1996 von der israelischen Firma Mirabilis ins Leben gerufen und entwickelte sich rasch zu einem unverzichtbaren Werkzeug für die Online-Generation.

Während AOL und Yahoo den amerikanischen Markt dominierten, war ICQ der unbestrittene König der Chats in Europa. Als AOL 1998 ICQ übernahm, zählte der Messenger bereits Millionen von Nutzern weltweit.

“What goes up, must come down” – jede glorreiche Geschichte hat ein Ende. Nachdem ICQ 2010 von der russischen Firma DST, die später in VK umbenannt wurde, übernommen wurde, ging es langsam bergab. Die Konkurrenzangebote waren einfach zu stark. Trotz Versuchen, mit “ICQ New” 2020 wieder Fuß zu fassen, bleibt der Messaging-Dienst letztlich ein Relikt aus einer anderen Zeit.

UINgeschlagen: Die magische ICQ-Nummer

Was machte ICQ so besonders? Es war diese geheimnisvolle UIN – die User Identification Number. In einer Zeit, als Handynummern noch nicht allgegenwärtig waren, bot ICQ eine einfache, universelle Methode, um Freunde und Bekannte zu finden.

Diese Nummern, oft aus fünf bis neun Ziffern bestehend, waren wie digitale Fingerabdrücke. Und ja, viele von uns erinnern sich auch heute noch an ihre ICQ-Nummer, als wäre es die eigene Telefonnummer.

Mit der UIN konnte man sich von jedem PC aus anmelden, und der Dienst funktionierte reibungslos, egal ob man in einem Internet-Café oder bei einem Freund war. Kein Wunder, dass ICQ schnell zum Synonym für unkomplizierte Kommunikation wurde.

Ein Sound für die Ewigkeit

Wer erinnert sich nicht an den ikonischen „Uh-oh“-Sound, der wie ein kleiner Cartoon-Frosch aus den Lautsprechern quakte und uns wissen ließ, dass eine neue Nachricht eingetroffen war?

Dieser Sound wurde schnell zum akustischen Symbol einer Ära. Auch wenn der genaue Ursprung dieses Sounds bis heute ein Rätsel bleibt, ist sicher, dass er für Millionen von Menschen der Weckruf in die Welt des Online-Chats war.

Warum ICQ früher rockte

ICQ war mehr als nur ein Chat-Dienst. Es bot Funktionen, die heute selbstverständlich sind, damals aber bahnbrechend wirkten.

Man konnte Dateien austauschen, Gruppenchats starten und sogar Sprach- und Videoanrufe tätigen. ICQ war Vorreiter in einer Zeit, als SMS noch teuer waren und das Telefonieren über das Festnetz stattfand.

Für Gaming-Enthusiasten wie mich war ICQ ebenfalls ein Segen. Bevor Dienste wie Discord das Ruder übernahmen, war ICQ das Hauptkommunikationsmittel für Gamer, um ihre LAN-Partys und Online-Schlachten zu koordinieren.

Was nicht rockte: Pop-ups und Plagegeister

Doch nicht alles war rosig in der Welt von ICQ. Wie bei jeder populären Plattform traten auch hier Probleme auf. Sicherheitslücken und Spam-Nachrichten waren häufige Ärgernisse.

Phishing und Account-Diebstähle gehörten zum Alltag, und man lernte schnell, unbekannte Kontakte zu blockieren.

Freundschaft Plus mit ICQ: Chatten und Shoppen?

Wie viele kostenlose Dienste finanzierte sich auch ICQ durch Werbung. Die Desktop-Version bot spezielle Kanäle für Shopping und Reisen, und das Konzept war so erfolgreich, dass ICQ zeitweise AOLs profitabelstes Produkt war. Doch warum nun das endgültige Aus? Der Betreiber gibt keine genauen Gründe an, empfiehlt aber den Umstieg auf den VK Messenger, was nicht gerade für die Zukunftsperspektive von ICQ spricht.

Was schön ist, muss nicht für immer sein

Mit der Abschaltung von ICQ geht ein weiteres Stück Internetgeschichte verloren. Für viele von uns war ICQ mehr als nur ein Chat-Dienst. Es war ein Tor zur Welt, eine Verbindung zu Freunden und ein treuer Begleiter in den wilden, aufregenden Tagen des frühen Internets.

Ich habe gerade Lust bekommen, meine alte ICQ-Nummer ein letztes Mal einzugeben, um einen finalen Blick auf die blinkenden Lichter und den altbekannten Chat-Bildschirm zu werfen.

Egal, ob ich mich noch für diesen nostalgischen Trip entscheide oder nicht – eines ist sicher: ICQ wird immer einen besonderen Platz in der digitalen Geschichte behalten.

Mach’s gut, ICQ! Wir chatten heute nicht mehr anonym, sondern überlassen stattdessen Social-Media-Plattformen freiwillig unsere persönlichen Daten. Uh-oh.

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Benjamin Touati
Tech & Gaming Redakteur
Benjamin Touati
Tech & Gaming Redakteur

Benjamin Touati ist ein vielseitiger Autor mit langjähriger Erfahrung in den Bereichen Games, HR-Tech und Sprachtechnologie. Mit einem akademischen Hintergrund in Linguistik hat er sich ein tiefes Verständnis für Sprache und digitale Kommunikation erarbeitet. Seine Laufbahn umfasst eine breite Palette an Positionen, von der Lehrtätigkeit bis hin zu spezialisierten Rollen in der kreativen Texterstellung. Getrieben von der Leidenschaft für digitale Innovationen, widmet er sich der Konzeption und Bearbeitung aktueller Inhalte in diesem dynamischen Feld.